Lebenseinstellung und Bewegung beeinflussen das Altern. Gelegenheiten fürs Trainieren im Alltag sollten genutzt werden: zum Beispiel 
Treppensteigen oder Tanzen während Wartezeiten.
Lebenseinstellung und Bewegung beeinflussen das Altern. Gelegenheiten fürs Trainieren im Alltag sollten genutzt werden: zum Beispiel Treppensteigen oder Tanzen während Wartezeiten. Credit: Adobe Stock
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«Bewegung sollte Teil unseres Lebens sein»

Heike A. Bischoff-Ferrari erforscht wie sich die gesunde Lebenszeit verlängern lässt. Ihre wichtigste Botschaft: Es ist nie zu spät, mit einer gesunden Lebensweise zu beginnen.

Karin Meier

Lässt sich das biologische Altern verlangsamen?
Heike A. Bischoff-Ferrari: Wir wissen heute, dass nur 30 Prozent unserer Langlebigkeit durch unsere Gene bestimmt sind. Das ist eine gute Nachricht, weil der Rest – also 70 Prozent – von so genannten «epigenetischen» Faktoren abhängt.

Dies sind vor allem Lebensstilfaktoren wie gesunde Ernährung, Bewegung, ausreichend Schlaf, positive soziale Interaktionen und gute mentale Gesundheit. Diese Faktoren können das biologische Altern verlangsamen und Krankheitsrisiken senken. Dazu wissen wir heute, dass selbst bei vorhandenen genetischen Risiken der Durchbruch der Erkrankung ebenfalls wesentlich von Lebensstilfaktoren beeinflusst wird. Es lohnt sich also, einen gesunden Lebensstil zu pflegen und zu geniessen!

Wann muss man spätestens damit beginnen?
Ideal ist, wenn man bereits als Kind einen gesunden Lebensstil erlernt. Trotzdem ist es nie zu spät, damit anzufangen. Besonders wichtig wird es im mittleren Alter und ab dem 70. Lebensalter, weil dann das Risiko altersbezogener Erkrankungen wie Herzkreislauferkrankungen, Krebserkrankungen, Diabetes und Demenz zunimmt. Aber auch im Alter von 80 und darüber kann Gebrechlichkeit mit gesunden Lebensstilfaktoren vermindert oder verhindert werden.

«Es ist nie zu spät einen gesunden Lebensstil zu erlernen. Besonders wichtig wird es im mittleren Alter und ab dem 70. Lebensalter.»

Wie, was und wie oft sollten wir trainieren?
Bewegung sollte Teil unseres Lebens sein. Dafür braucht es keinen Trainingsanzug. Täglich gehen – 6000 bis 8000 Schritte – hat bereits enorme Vorteile für die Prävention vieler altersbezogener Erkrankungen. Dazu ist tägliches Krafttraining und Balance-Training empfehlenswert. Im Alltag ratsam sind Treppensteigen, im Einbeinstand Zähneputzen oder auf den Kaffee warten, oder auch Gymnastik oder leichtes Yoga. Ein neues Konzept ist «Bewegung snacken». Dabei wird das Sitzen mit einer Bewegungsübung oder drei Minuten Tanzen oder «Gruuven», einem musikalisch unterstützten Bewegungsprogramm (gruuve.ch) unterbrochen.

Zur Person

Prof. Dr. Dr. med. Heike A. Bischoff-Ferrari ist Chefärztin der Universitären Altersmedizin am Stadtspital Zürich Waid, und Klinikdirektorin Altersmedizin am Universitätsspital Zürich. Sie ist zudem Lehrstuhlinhaberin für Geriatrie und Altersforschung an der Universität Zürich, Direktorin des Forschungs-Zentrums Alter und Mobilität und Studienleiterin der grössten Altersstudie Europas DO-HEALTH.

Welche Rolle spielen Gewicht und Ernährung?
Übergewicht und eine ungesunde Ernährung begünstigen eine chronische niederschwellige Entzündungsreaktion in unserem Körper, welche an allen Organfunktionen nagt, zum Beispiel Muskelmasse abbaut und den Alterungsprozess vorantreibt. Trotzdem empfehlen wir bei älteren Menschen keine bewusste Gewichtsverminderung, weil damit auch Muskelmasse verloren geht. Besser ist es, auf eine gesunde Ernährung umzustellen. Dies ist eine mediterrane Ernährung mit viel Gemüse, Fisch, Joghurt gesunden Vollkornprodukten, Eiweissen aus vegetarischen Quellen sowie nur wenig rotem Fleisch.

Wie wirkt sich unsere Lebenseinstellung auf den Alterungsprozess aus?
Die Lebenseinstellung ist zentral. Das Team der Harvard Medical School hat verschiedene Eigenschaften identifiziert, die Menschen auszeichnet, die länger gesund und aktiv sind. Dazu gehören der Austausch mit anderen Menschen, sozial aktiv sein, dankbar sein, am Leben teilnehmen, achtsam sein – gegenüber anderen und sich selbst, und auch Spiritualität. Und, ganz wichtig, bereit sein, neue Dinge zu lernen.

Ein Sturz, ein Unfall oder eine Operation ­können dem Alterungsprozess einen Schub verleihen. Lässt sich das verhindern?
Sie sprechen die körperliche Resilienz an. Sie ist eine wichtige Eigenschaft von Menschen, die den Alterungsprozess über gesunde Lebensstilfaktoren verlangsamt. Man erhöht damit eben auch die Wahrscheinlichkeit, Gesundheits-Stressoren wie eine Operation wegen Hüftbruch ohne dauerhafte Einschränkungen zu überstehen. Es geht jedoch nicht darum, Gebrechlichkeit im hohen Alter abzuschaffen, sondern sie hinauszuschieben. Die Medizin von heute hat erfolgreich die Lebenserwartung verlängert, aber bisher nicht die gesunde und aktive Lebenszeit. Die Medizin von morgen muss einen Schwerpunkt auf die Prävention beziehungsweise die Verlangsamung des Alterungsprozesses legen.

Freiwillige ab 75 Jahren gesucht

In der STRONG-Studie wird untersucht, ob Molke-Protein das Risiko für Stürze vermindern und die Muskelkraft verbessern kann. Für eine Teilnahme an der STRONG-Studie werden in Basel und Zürich Frauen und Männer ab 75 Jahren gesucht, die sich unsicher auf den Beinen fühlen oder schon einmal gestürzt sind. Die Studie wird vom Zentrum Alter und Mobilität der Universität Zürich unter der Leitung von Heike A. Bischoff-Ferrari koordiniert. Infos: 044 417 10 76, cornelia.dormann-fritz@zuerich.ch

Themenspezifische Specials

Mit themenspezifischen Specials, welche als zusätzlicher Zeitungsbund erscheinen, bietet die Basler Zeitung ihren Leserinnen und Lesern regelmässig einen attraktiven Mehrwert.